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Agilität in der Entwicklung komplexer Produkte – Herausforderungen und Chancen

Die Entwicklung komplexer Produkte, die Hardware und Software vereinen, erfordert präzise Planung, interdisziplinäre Zusammenarbeit und oft eine langwierige Umsetzung.

Kann Agilität, die für Flexibilität und schnelle Iterationen bekannt ist, in diesem Umfeld wirklich glänzen? Kritische Stimmen sagen: nicht immer. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass agile Methoden enorme Potenziale bieten – wenn sie bewusst und angepasst eingesetzt werden.


These 1: „Agile Methoden sind zu flexibel für feste Hardware-Zyklen.“


Hardware-Entwicklung ist geprägt von langwierigen Produktions- und Testzyklen, die nur schwer mit den kurzen Iterationen agiler Methoden vereinbar sind. Änderungen sind teuer und können den gesamten Zeitplan gefährden.

Antwort:

Es stimmt, dass die Flexibilität agiler Methoden bei festen Hardware-Prozessen an ihre Grenzen stößt. Hier können hybride Ansätze Abhilfe schaffen, die traditionelle Meilensteine mit agilen Prinzipien kombinieren.

Praxisbeispiel:

Ein Automobilhersteller verwendet agile Prinzipien in der Softwareentwicklung seines Infotainmentsystems, während die Hardware-Entwicklung in klassisch geplanten Phasen erfolgt. Durch den Einsatz digitaler Zwillinge konnten die Teams frühzeitig die Integration von Software und Hardware simulieren und Fehler vor der Prototypenproduktion erkennen.


These 2: „Komplexe Abhängigkeiten machen schnelle Iterationen riskant.“


Bei komplexen Produkten mit vielen interagierenden Komponenten können Änderungen an einer Stelle unvorhersehbare Auswirkungen auf andere Bereiche haben. Dies macht iteratives Arbeiten schwierig und riskant.

Antwort:

Das Management von Abhängigkeiten erfordert in der Tat einen strukturierten Ansatz. Hier kommen agile Methoden wie Kanban oder Scaled Agile Frameworks (SAFe) ins Spiel, die Transparenz schaffen und Abhängigkeiten sichtbar machen.

Praxisbeispiel:

Ein Hersteller von Medizingeräten führte ein Kanban-System ein, um die Abhängigkeiten zwischen Mechanik-, Elektronik- und Softwareteams zu visualisieren. Durch tägliche Abstimmungen konnte das Team Engpässe frühzeitig erkennen und priorisieren, was die Entwicklungszeit um 20 % reduzierte.


These 3: „Regulatorische Anforderungen stehen agilen Prinzipien im Weg.“


Strenge Dokumentations- und Sicherheitsvorgaben in Branchen wie Medizin oder Luftfahrt erschweren es, auf schnelle Iterationen und flexible Anpassungen zu setzen.

Antwort:

Agile Methoden und regulatorische Anforderungen müssen sich nicht ausschließen. Durch die Einführung eines „Definition of Done“, das Dokumentationsschritte und Sicherheitsvorgaben integriert, können agile Prinzipien nahtlos in regulierte Umgebungen eingebettet werden.

Praxisbeispiel:

Ein Pharmaunternehmen nutzte agile Methoden, um ein Diagnostikgerät zu entwickeln. Parallel zu den iterativen Entwicklungsphasen wurde ein automatisiertes Dokumentationssystem integriert, das regulatorische Anforderungen direkt erfüllte. So konnte das Team flexibler arbeiten und gleichzeitig alle Vorschriften einhalten.


These 4: „Agilität fokussiert zu sehr auf kurzfristige Ziele.“


Sprints und kurzfristige Planung führen oft dazu, dass das große Ganze aus den Augen verloren wird. Für komplexe Produkte mit langen Entwicklungszeiten ist dies ein Problem.

Antwort:

Hier hilft eine klare Vision und Roadmap, die regelmäßig geprüft und angepasst wird. Agile Methoden wie Scrum-of-Scrums oder PI-Plannings (Program Increment) sorgen dafür, dass die langfristigen Ziele nicht verloren gehen.

Praxisbeispiel:

Ein Konsumgüterunternehmen entwickelte ein smartes Haushaltsgerät. Durch den Einsatz von PI-Plannings wurden übergreifende Ziele definiert, während die Teams in kurzen Sprints an spezifischen Features arbeiteten. So konnte das Unternehmen den Markteintritt um sechs Monate vorziehen.


These 5: „Agilität erhöht die Komplexität in interdisziplinären Teams.“


Komplexe Produkte erfordern die Zusammenarbeit von Teams aus Mechanik, Elektronik und Software. Unterschiedliche Arbeitsweisen und Prioritäten können den agilen Ansatz behindern.

Antwort:

Agile Methoden fördern gerade diese Zusammenarbeit, wenn sie richtig eingesetzt werden. Cross-funktionale Teams und regelmäßige Retrospektiven schaffen Raum für Austausch und gemeinsame Priorisierung.

Praxisbeispiel:

Ein Unternehmen für vernetzte Haushaltsgeräte führte Scrum ein, wobei jedes Team aus Spezialisten für Mechanik, Elektronik und Software bestand. Durch wöchentliche Retrospektiven konnten Missverständnisse schnell geklärt und der Fokus auf gemeinsame Ziele gelegt werden.


Warum sich der Einsatz agiler Methoden dennoch lohnt


Trotz der genannten Herausforderungen gibt es viele Bereiche, in denen Agilität die Entwicklung komplexer Produkte maßgeblich verbessern kann:

  1. Schnelleres Feedback:

    Durch frühzeitige Tests und Prototypen können Fehler schneller identifiziert und behoben werden, was die Produktqualität steigert.

  2. Kundenzentrierung:

    Agile Methoden fördern einen ständigen Austausch mit den Stakeholdern und ermöglichen es, Produkte zu entwickeln, die die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer erfüllen.

  3. Flexibilität bei Marktänderungen:

    In dynamischen Märkten können agile Teams schnell auf neue Anforderungen reagieren und so wettbewerbsfähig bleiben.

  4. Effiziente Ressourcenallokation:

    Durch die Priorisierung der wichtigsten Aufgaben wird sichergestellt, dass Ressourcen dort eingesetzt werden, wo sie den größten Nutzen bringen.

  5. Verbesserte Zusammenarbeit:

    Interdisziplinäre Teams profitieren von klaren Strukturen und einer transparenten Kommunikation, die durch agile Frameworks gefördert werden.


Fazit: Der Schlüssel liegt in der Anpassung


Die Frage, ob Agilität für komplexe Produkte geeignet ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt klare Herausforderungen, die berücksichtigt werden müssen. Doch die Vorteile agiler Methoden sind nicht von der Hand zu weisen. Der Schlüssel liegt darin, Agilität individuell an die spezifischen Anforderungen des Produkts und der Prozesse anzupassen. Hybride Ansätze, die das Beste aus agilen und traditionellen Methoden kombinieren, sind oft der Weg zum Erfolg.

Agilität ist kein Allheilmittel, aber sie bietet die Werkzeuge, um in einer zunehmend dynamischen Welt innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben. Unternehmen, die bereit sind, diese Werkzeuge bewusst und strategisch einzusetzen, können ihre Produktentwicklung revolutionieren.


Hybrides Projektmanagement
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Katlin Heinemeyer

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